Zucht

Schritt-für-Schritt Anleitung zur Zucht von Gottesanbeterinnen

1. Geschlechtsbestimmung

Nur wenige Mantidenarten können sich ungeschlechtlich (parthenogenetisch) fortpflanzen. Im Normalfall werden zur Zucht mindestens ein Männchen und ein Weibchen benötigt. Dazu muss erst eine Geschlechtsbestimmung vorgenommen werden. Generell ist immer ein Zuchtansatz von mindestens einem Weibchen und zwei Männchen empfehlenswert (zweites Männchen kommt zum Einsatz wenn ersteres nicht in Paarungslaune kommt, vor der Paarung gefressen wird oder zum Nachverpaaren).

Wie sich Männchen und Weibchen unterscheiden? Siehe hier!

2. Erreichen der Geschlechtsreife

Generell sollten das Weibchen und Männchen zusammengesetzt werden, wenn die Geschlechtsreife bei beiden eingetreten ist. Dies ist bei Weibchen ca. 4 Wochen, bei Männchen ca. 2 Wochen nach der Adulthäutung (voll ausgebildete Flügel) der Fall. Bei kleinen Arten und hohen Temperaturen dauert es kürzer, bei großen Arten und niedrigen Temperaturen länger. Ein sicheres Zeichen für die Geschlechtsreife der Weibchen ist das Sprühen von Pheromonen um die Männchen anzulocken. Pheromone sind für uns Menschen unriechbar und unsichbar, man kann es jedoch an der typischen Körperhaltung erkennen. Dabei wird der Hinterleib so weit wie möglich vom Flügel abgespreizt. Pheromone werden in der Regel in den Abend- und Morgenstunden versprüht. Männchen werden häufig unruhig, wackeln auffällig viel mit den Fühlern und fliegen teilweise umher wenn sie geschlechtsreif sind.

Man kann Weibchen auch vor Erreichen der Geschlechtsreife verpaaren. Sobald sie adult sind besitzen sie die Fähigkeit, die Spermien der Männchen in ihrem Körper zu speichern.

3. Paarung

Zur Verpaarung ist es natürlich am günstigsten, wenn beide Tiere ungefähr gleichzeitig adult werden. Vor allem Männchen kleinerer Arten haben eine kurze Lebensdauer und verliert einige Wochen nach ihrer Adulthäutung häufig ihre Paarungslust. Wenn ein Weibchen jedoch nicht direkt nach Erreichen der Geschlechtsreife verpaart wird, kann sie eine unbefruchtete Oothek bauen. Da sie aber mehrere Ootheken baut, kann sie danach immer noch problemlos befruchtet werden und Nachkommen hervorbringen. Liegen Männchen und Weibchen von der Entwicklung her weit auseinander, kann die Entwicklung eines Tieres durch ein größeres Nahrungsangebot und höhere Temperatur zu schnelleren Entwicklung gebracht werden.

Nachdem das Männchen auf das Weibchen aufgesprungen ist (Achtung, das Weibchen vorher gut füttern!) kann es dort mehrere Stunden bis Tage verweilen, bevor es zur Tat schreitet. Dabei schiebt es sein Hinterteil unter die Flügel des Weibchens und verbindet sich mit dem hinteren Ende des weiblichen Hinterteils. Dann wird die Spermatophore (Behältnis mit Samen des Männchens) in das Weibchen überführt was wiederum mehrere Stunden dauern kann, aber auch in 15 Minuten vollzogen werden kann. Dann lösen sich Männchen und Weibchen wieder, wobei das Männchen häufig noch eine Weile auf dem Weibchen sitzen bleibt um eventuelle Nebenbuhler abzuhalten. Das Weibchen speichert die Samen des Männchens im Körper und scheidet die leere Spermatophore wieder aus. Sie kann auch das Hinterleil nach vorne biegen und die Spermatophore auffressen. Die Samen des Männchens reichen meist für die Befruchtung von mehreren Ootheken. Zur Sicherheit kann aber nach jeder zweiten Oothek nachverpaart werden. Manche Weibchen hören nach einer Paarung mit dem Pheromone-Sprühen auf, was dann ein relativ sicheres Zeichen für eine erfolgreiche Verpaarung ist.

Es kann passieren, dass das Weibchen das Männchen vor, während oder nach der Paarung auffrisst, daher ist es empfehlenswert immer mindestens zwei Männchen zu halten. Es kann auch sein, dass ein Männchen einfach nicht in Paarungslaune kommt oder trotz offensichtlicher Paarung keine Spermatophore übergibt. So kann es nie schaden eine zweite Paarung mit einem zweiten Männchen zu versuchen.

4. Ootheken

Weibchen legen ihre Eier in Form von Ootheken an Ästen oder glatten Flächen (Blätter oder Terrarienwände) ab. Dies geschieht unabhängig davon, ob eine erfolgreiche Paarung vorangegangen ist. Auch unbefruchtete Weibchen bauen Ootheken aus denen dann kein Schlupf erfolgt (zumindest sind die bei M&M Wüst gehaltenen Arten nicht zur Parthenogenese fähig). Der Oothekenbau findet meist im Schutze der Dämmerung statt. Eine Oothek besteht aus einer mehr oder weniger dicken äußeren Schutzhülle, die wie Schaumstoff aussehen kann und eine isolierende Wirkung (vor Hitze/Kälte) hat. Im Inneren befinden sich die Eier. Große Arten können mehr als 200 Eier in einer Oothek haben, kleinere auch nur 20. Wenn aus einer Oothek nur verhältnismäßig wenig Tiere schlüpfen kann es entweder an missglückter Befruchtung liegen oder an Austrockung, Überhitzung oder Kälte. Um ein Austrocknen zu Vermeiden sollte man die Oothek / die Umgebung gelegentlich besprühen und nicht in einer zu trockenen Umgebung zeitigen (Vorsicht jedoch vor Schimmelbildung!). Bis zum Schlupf kann es je nach Art und Temperatur im Normalfall zwischen drei und sechs Wochen dauern (manchmal auch länger). Zum Schlupf sollte nach unten 5 bis 10 cm Platz sein, da sich die Larven direkt nach dem Schlupf an einem Faden ablassen und das erste Mal häuten. Vor dem Schlupf können Ootheken vorsichtig vom Untergrund gelöst und in einer sicheren Umgebung wieder aufgehängt (genadelt oder geklebt) werden.

5. Aufzucht

Da die Larven von ihren Eltern gefressen werden sollten diese in einem seperaten Terrarium aufgezogen werden. Sobald die Tiere ausgehärtet sind und umherlaufen kann das erste mal gesprüht und gefüttert werden. Bei sehr kleinen Arten habe ich gute Erfahrungen mit Weizenblattläusen, Collembolen oder firsch geschlüpften Ofenfischchen als erstes Futter gemacht. Meistens reichen aber erst kleine und dann große Drosophila (Fruchtfliegen). Da Drosophila und kleinere Futtertiere häufig durch die handelsübliche Gaze hindurch kommen haben sich Damenstrümpfe oder anderes feines Gewebe als zusätzlicher Ausbruchschutz bewährt. Die Haltungsbedingungen der Larven sind meist ähnlich wie die der Adulttiere. Fast immer sollten die Jungtiere jedoch bei einer etwas höheren Luftfeuchte aufgezogen werden. Bei aggresiven Arten empfiehlt sich eine Vereinzelung der Jungtiere, sobald sie sich gegenseitig attackieren (ab L3 / L4).

Unsere Mantiden